Die im Web veröffentlichten Studien zu Konfliktkosten ergeben zusammen ein interessantes Bild, welche wirtschaftlichen Schäden ein Konflikt verursachen kann. Die Online-Konfliktkostenrechner kommen dabei jeweils auf ganz unterschiedliche Summen – je nach Betrachtungsweise.
Am Donnerstag, den 28.11.2013 fand in Essen das „1. Essener Symposium Mediation in Wirtschaft und Gesellschaft“ statt. Vormittags waren die Impulsvorträge, und der erste Redner war Dr. Alexander Insam von der Unternehmensberatung KPMG. (Der zweite war ich.)
Als Direktor am Zentrum für Konfliktkostenforschung in Berlin sprach Dr. Insam auf dem Symposium über – Konfliktkosten. Die KPMG hat in den Jahren 2009 und 2012 zwei Studien zu Konfliktkosten erstellt, und auf den Ergebnissen bauen mehrere „Konfliktkostenrechner“ auf, die kostenlos im Web verfügbar sind. Grund genug, sich dieses und andere Angebote zum Thema mal anzusehen.
Dr. Insam definiert Konfliktkosten als „verhaltensbedingte Mehrkosten“ (genauer als „jede geplante und besonders jede ungeplante Abweichung von der zielgerichteten Ressourcenverwendung in einer Organisation, die auf funktionalem oder dysfunktionalem Verhalten von Mitarbeitern basiert“) und deckt damit die eine Hälfte der Schäden ab, die durch Konflikte aus wirtschaftlicher Sicht entstehen.
Die andere Hälfte sind entgangene Gewinne: In einer Veröffentlichung des BMEV weist Dr. D. Berning darauf hin, dass es bei vielen Konfliktkosten eigentlich gar nicht um „Kosten“ gehe, denn Kosten seien „gewollte Ausgaben“; vielmehr handele es sich um „konfliktbedingte Einbußen“.
Die Personalberatungs-Website „Perwiss“ definiert Konfliktkosten als „ein bewerteter, den planmäßigen Ablauf störender Ressourcenverzehr mit der Folge von Kostensteigerungen“. Ähnlich sehen das Doris Andreatta und Robert Schmidt auf ihrer Website zum Thema Konfliktkosten: Nämlich dass – betriebswirtschaftlich gesehen – Kosten „in Geld bewertete Mengen an Produktionsfaktoren und Dienstleistungen und öffentliche Abgaben“ seien, die zur Erstellung betrieblicher Leistungen ver- bzw. gebraucht würden. Konfliktkosten seien demnach keine „Kosten“ – das ändere aber nichts an der Tatsache, dass zu bezahlen sei… :-)
Eine Web-Recherche zeigt: Der Strauß an Schäden und Ursachen ist bunt.
Ich versuche eine Zusammenfassung:
In der Summe sagt der Jurist und Mediator Dr. D. Berning: „Ich komme zu dem Ergebnis, dass Führungskräfte, die Konflikte unbearbeitet lassen oder gar behaupten, es gäbe solche nicht, ihr Unternehmen grob fahrlässig schädigen.“
Nicht alle oben aufgeführten Kosten lassen sich exakt beziffern – viele Positionen beruhen auf Annahmen oder sind zukunftsbezogen. Immerhin versuchen einige Konfliktkostenrechner, auch diese Kosten fassbar zu machen:
Neben dem oben erwähnten Konfliktkostenrechner auf Grundlage der KPMG-Studie, der ausführliche Variationen der Berechnungsgrundlagen erlaubt, findet man im Web noch den Rechner der Rechtsanwältin Angela Kaschewski in Zusammenarbeit mit der Tenos-Akademie und die beispielhafte Berechnung des Europäischen Instituts für Conflict Management EUCON, die beide auf einem (vorab zu ermittelnden) Streitwert eines Konfliktes beruhen, sowie ein bei Perwiss zum Download angebotenes Tool, das sich ebenfalls auf die KPMG-Studie bezieht und neben der Konfliktkostenanalyse auch eine Einordnung des Konflikts in das Eskalationsmodell von F. Glasl ermöglichen soll.
(Sie kennen noch weitere Konfliktkostenrechner im Web? Schicken Sie mir doch bitte eine kurze Info!)
Natürlich kostet auch Konfliktprävention und konstruktive Konfliktbehandlung Geld. In seinem Vortrag auf dem Essener Symposium unterschied Dr. Insam daher zwischen „funktionalen“ und „dysfunktionalen“ Konfliktkosten – je nachdem, ob sich das betroffene Unternehmen durch die Aufwendung dieser Kosten weiterentwickelt, oder ob keine Veränderung im Sinne einer Neuausrichtung stattfindet. In den dysfunktionalen Kosten sieht er beträchtliches Potential für Unternehmen, die Kostenreduktionen planen: In der KPMG-Studie von 2009 spricht er von einem Viertel der Konfliktkosten, die eingespart werden können.